Wanderreise La Gomera

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Ewiger Frühling, Schluchten und Nebelwald, Bananen und Palmen. Einst war Gomera Sprungbrett für Christoph Kolumbus, heute ist die zweitkleinste und wildeste der Kanareninseln Ziel für Wanderer und Naturliebhaber.

Als erstes fällt dem Gomera-Reisenden der angenehme Kontrast zu den touristischen Zentren der Kanaren auf: Auf Teneriffas kleiner Nachbarinsel gibt es keine Bettenburgen; die sympathischen Orte sind überschaubar und die urwüchsige Natur wie geschaffen zum Wandern. Hier lässt sich noch heute nachvollziehen, dass antike Autoren die Kanaren als „Insel der Seligen“ priesen!

Gerade einmal halb so groß wie Berlin ist die Insel, die wie ein runder Felsblock aus dem Atlantik ragt. Vor 20 Mio. Jahren durch Vulkanausbrüche aus dem Meeresboden entstanden, ist Gomera von 100 km steiler Küste gesäumt, unterbrochen von kurzen, naturbelassen Lavastränden. Vom höchsten Punkt, dem Garajonay-Gipfel, graben sich tiefe Schluchten in alle Himmelsrichtungen zur Küste hinab. Jeder dieser so genannten „Barrancos“ hat einen ganz eigenen Charakter. Auf Wanderungen über die jahrhundertealten gepflasterten Pfade, die „Caminos Reales“, lassen sich die reiche Vegetation, spektakuläre Felsformationen, Palmenhaine, Terrassenfelder und urige Dörfer am besten entdecken. In den breiten Mündungen der Barancos entstanden größere Siedlungen wie die Inselhauptstadt San Sebastián. Hier machte einst Kolumbus Station, um Lebensmittel- und Wasservorräte an Bord zu nehmen. Von hier stach er in See, um die Neue Welt zu entdecken. Und hier soll ihn die grausame Beatriz, die Ende des 15. Jhs. über die Insel herrschte, ihn zu einem ihrer zahlreichen Liebhaber erwählt haben.

Standquartier der Hirsch Wanderreise ist das Valle Gran Rey, das „Tal des Großen Königs“, im Südwesten. Nur ein paar Schritte sind es vom Hotel zum Strand. Eine der schönsten Wanderungen startet gleich hier, im Hauptort La Calera. Über gewundene Treppenwege, vorbei an kleinen weißen Häusern mit Holzbalkonen, beginnt der Aufstieg zur Hochfläche. Sind die Serpentinenpfade bezwungen, wird man von der atemberaubenden Aussicht auf ein wahres Landschaftskunstwerk belohnt: In üppiges Grün eingebettet liegen winzige Dörfchen, auf den kunstvoll angelegten Terrassenfeldern gedeihen Avocados, Papayas und Zitrusfrüchte und natürlich die kleinen, würzigen kanarischen Bananen, das einzige Exportgut der Insel. Zur Küste hin erweitert sich das Tal zu einem großen grünen Trichter. Während die Wanderer den Blick bis zum Hafen von Vueltas und zur Meeresbrandung schweifen lassen, erzählt der Reiseleiter vom großen König Hupalupa, dem letzten vorspanischen Herrscher, der den Invasoren Widerstand leistete, und von den Hippies der 1970er Jahre, die im Valle Gran Rey ihr Aussteigerparadies entdeckten.

Wertvollster Schatz Gomeras ist die unberührte Natur im Inselinneren: Im zentralen Bergland erstreckt sich der größte zusammenhängende Lorbeerwald der Welt, der als Nationalpark geschützt und von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Dämmrige Dschungelpfade führen durch den verwunschenen Nebelwald des Nationalparks Garajonay. Dickblättrige Agaven, riesige Erika, dichte Farne, knorrige, von Moos und Flechten überzogenen Lorbeerbäume geben Einblick in ein einzigartiges Ökosystem. Beim Aufstieg auf den knapp 1500m hohen Alto de Garajonay eröffnet sich das herrliche Panorama der umliegenden Inseln. Seinen Namen verdankt der höchste Inselberg der altkanarischen Legende vom Liebestod der Prinzessin Gara und Jonays, des Fürsten von Teneriffa. Die heimlich Liebenden aus verfeindeten Familien flüchteten hierher, durchbohrten sich bei den ersten Sonnenstrahlen gegenseitig mit Speeren und starben in inniger Umarmung.

Ein weiteres spektakuläres Ziel ist der Tafelberg Fortaleza, ein uralter Kultort, der sich wie eine gewaltige Festung über der Steilwand eines verwitterten Vulkankessels erhebt. Von hier führt ein bequemer „Camino Real“, auf dem Bauern und Händler seit jeher Waren transportierten, durch den Barranco del Agua, mit tollen Ausblicken auf das Valle Gran Rey und weit hinaus auf den Atlantik. In El Cercado kann man einigen Töpferinnen zusehen, die Keramik nach Art der Urbevölkerung herstellen: dunkle Gefäße, fast ohne Dekor. Ganz nebenbei erfährt man Geschichte und Geschichten: Dass die Urbevölkerung Gomeras – wie auch der Name der Insel – von einem marokkanischen Berbervolk stammt. Dass sich die Königreiche Portugal, Kastilien und Aragon lange um die Insel zankten. Dass es Briten waren, die im 19. Jh. den Bananenanbau einführten, um ihre Schiffe auf der Rückreise von den afrikanischen Kolonien besser auszulasten. Und dass ein kurioses Relikt vergangener Zeiten überlebt hat: die Pfeifsprache „el Silbo“, mit der sich die Gomeros jahrhundertelang im bergigen Gelände verständigten. Sie genießt inzwischen UNESCO-Schutz und wird sogar an Grundschulen unterrichtet.

Charakteristisch für die Landschaft Gomeras sind auch die „Roques“, Felsnasen wie Zuckerhüte, die aus den Füllungen ehemaliger Vulkanschlote entstanden sind. Im einsamen Nordwesten überragt der Roque El Cano das Städtchen Vallehermoso. Der „weißhaarige Fels“ verdankt seinen Namen den Wolken, die sein Haupt am Morgen umhüllen. Mehrere Schluchten treffen in dem zum Meer offenen Kessel zusammen. Noch eindrucksvoller ist der graue, verwitterte Felsriese Roque Agando am Rand des Lorbeerwaldes, im weiten Rund des Barranco Benchijigua. Hier folgt die Wandergruppe einem wunderbaren Weg am Steilhang des riesigen Erosionskessels. Durch Obstterrassen wird der Weiler Benchijigua erreicht – eine Handvoll Häuschen, völlig abgeschnitten von der Außenwelt. Nun wird das Tal schmäler, bald kündigen bebaute Terrassen Pastrana an, den wohl hübschesten Ort des Inselsüdens. Vorbei an Gärten und idyllischen Palmenhainen geht es zum Hafen von Santiago. Ein Schiff bringt die Wanderer zurück nach Vueltas und lässt sie die eindrucksvolle „Felsfestung“ Gomera aus der Wasserperspektive bestaunen. Das Schiff übrigens gehört, wie auch alle Fährschiffe hier, dem Norweger Fred Olsen, der größte Grundbesitzer, wichtigster Arbeitgeber und reichster Mann Gomeras ist und auch über ein kleines Hotelimperium herrscht.

Auch im weniger erschlossenen Norden der Insel gibt es so manches Juwel zu entdecken, wie das romantische Agulo hoch über der Küste mit seinem Gassengewirr und den strahlend weißen Kuppeln der Markuskirche. Zum Land hin umschließt die gewaltige „Rote Wand“ den Ort, die sich wegen der tollen Fernsicht bis zum Teide auf Teneriffa zu erklimmen lohnt.

Wer die typische Inselküche kennenlernen will, sollte die zarten Ziegenkäse, leckeren Gemüseeintopf, frischen Fisch und die berühmten „Runzelkartoffeln“ probieren – kleine, ungeschälte Salzkartoffeln, die bei keinem Mahl fehlen dürfen. Eine ganz besondere Delikatesse ist der „Miel de Palma“: Dieser Honig wird aus dem Saft der Dattelpalme gewonnen, versüßt Törtchen und vielerlei Desserts und eignet sich auch wunderbar als Mitbringsel.

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